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Asien-Orient-Institut UFSP Asien und Europa (2006–2017)

Reinkarnierte Begrifflichkeit: das andere Leben der westlichen Philosophie im Werk Hu Shis 胡適 (1891-1962) und Qian Zhongshus 錢鍾書 (1910-1998)

Verantwortlich für das Postdoc-Projekt: Dr. Viatcheslav Vetrov
Finanzierung: UFSP Asien und Europa
Projektdauer: September 2010 – März 2013
Forschungsfeld: Begriffe und Taxonomien

Abstract

Hu Shi und Qian Zhongshu gehören zu den prominentesten chinesischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts, die als profunde Kenner und Vermittler der westlichen Kultur bekannt sind. Für beide ist der Westen ein Orientierungspunkt, an dem sich das chinesische Selbstbewußtsein im Kontext eines Kulturdialogs mit Notwendigkeit mißt. Trotz ihrer massiven weltanschaulichen Differenzen kommen Hu und Qian bei ihrer Rezeption des Westens in einem wesentlichen Punkt zusammen: philosophische Konzepte und Ideen, die sie aus dem Westen schöpfen, werden selektiv und illustrativ herangezogen. In beiden Fällen handelt es sich um eine kunstvolle Praxis, Ideen und Topoi aus dem Westen an die chinesische Tradition anzupassen, damit das eigene Programm – totale Verwestlichung bei Hu Shi und Gleichheit des Denkens in China und im Westen bei Qian Zhongshu – maximal an rhetorischer Wirksamkeit gewinnt.

Mein Projekt konzentriert sich auf zwei westliche Termini, denen im Gedankensystem Hus und Qians eine zentrale Rolle zugewiesen wird: die Renaissance (bei Hu Shi) und die Metapher (bei Qian Zhongshu.) Es wird eine Diskursanalyse vorgenommen, die darauf abzielt, die Stellung der Begriffe im ursprünglichen westlichen Diskurs mit den neuen, von beiden Denkern kreierten Systemen zu vergleichen. Bei diesem Vergleich ergibt sich, daß Hu und Qian nicht nur methodologisch ähnlich vorgehen, sondern daß sie bei der Behandlung der westlichen Termini auch im konzeptuellen Bereich wesentliche Gemeinsamkeiten aufweisen, indem sie beide gleichermaßen metaphysische Fragestellungen ausblenden, die den Begriffen Renaissance und Metapher im westlichen Diskurs zukommen.

Zentral wird auf die Rolle der übernommenen Begriffe bei der Konstruktion von sprachlich relevanten Theorien eingegangen, die bis heute kaum systematisch untersucht wurde: Erstens handelt es sich um die im Licht des Renaissance-Konzepts entwickelte Auffassung der baihua (der Umgangssprache) und des wenyan (des klassischen literarischen Stils) als sozial determinierte sprachliche Invarianten, deren Konkurrenz laut Hu Shi auf Phasen eines Fortschritts bzw. Rückstands in der Geschichte Chinas schließen läßt. Zweitens geht es um Qians Programm der Denkgleichheit im Licht der häufig debattierten Frage, inwiefern Metapher als kulturspezifisches Phänomen angesehen werden kann, ob die chinesische Kultur dieses Phänomen kennt und wie genau sie es konzeptualisiert.

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