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Donnerstag, 3. Mai 2007, 18:15-20:00
Universität Zürich, Hauptgebäude (KO2), Hörsaal F180
Der Forschungsschwerpunkt Asien und Europa der Universität Zürich lädt im Rahmen der Ringvorlesung Border Crossings zu einem Gastvortrag von Prof. Dr. Johann Arnason ein. Der bekannte Vertreter der vergleichenden Zivilisationsanalyse und emeritierte Professor für Soziologie an der Latrobe University, Australien, wird am 3. Mai 2007 einen Weg aus unfruchtbaren Eurozentrismuskontroversen weisen. Der Vortrag findet im Hörsaal F 180, Karl Schmid Str.4, 8001 Zürich statt und dauert von 18:15 bis 20:00.
Abstract:
Der Eurozentrismus wird heute weit und breit kritisiert, wobei aber die kritische Fragestellung häufig ideologisch vereinfacht und die Kontroverse entsprechend unfruchtbar wird. Es geht dann um apriorische Stellungnahmen, die den Eurozentrismus als eine Selbstverklärung der westlichen Hegemonie entlarven und dadurch ein für allemal disqualifizieren wollen. Sinnvoll ist die Kritik des Eurozentrismus nur, wenn sie als langfristige Forschungsaufgabe konzipiert wird, und wenn sie davon ausgeht, dass eurozentrische Sicht- und Denkweisen nicht ohne eine gewisse objektive – und, um Max Weber zu zitieren, durch eine globale “Verkettung von Umständen” zustande gekommene – Eurozentrizität der Geschichte Oberhand gewonnen hätten. Wenn das Problem so formuliert wird, ist es sinnvoll, zwischen drei analytischen Ebenen zu unterscheiden. Auf der historischen Ebene geht es darum, ein unverhältnismässig an europäischen Erfahrungen und Entwicklungen orientiertes Geschichtsbild zu korrigieren. In hermeneutischer Hinsicht stellt sich die Frage, inwieweit die Wahrnehmung und Deutung anderer Kulturen bzw. Traditionen durch unbefragte Voraussetzungen oder Projektionen europäischer Herkunft beeinträchtigt wurden. Im normativen Kontext ist schliesslich nach der authentischen Universalität oder machtbedingten Universalisierung europäischer Wertorientierungen zu fragen. In diesem Vortrag wird hauptsächlich von der ersten, historischen Ebene die Rede sein.
Kurzbiographie:
1940 in Dalvik, Island geboren; 1960-67 Studium der Philosophie und Geschichte in Prag und Rom; 1970 Promotion an der Universität Frankfurt in Soziologie bei Jürgen Habermas; 1975 Habilitation an der Universität Bielefeld; 1979-80 Gastprofessor, Max-Planck-Institut für Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, Starnberg; 1994-2003 Professor für Soziologie, La Trobe University, Australien; 2004-2005 Leibniz-Professor, Zentrum für höhere Studien, University of Leipzig.
Forschungsschwerpunkte:
Nach seiner Promotion bei Jürgen Habermans und einer intensiven Auseinandersetzung mit der kritischen Theorie der Frankfurter Schule hat sich Johann Arnason makrosoziologischen Fragestellungen zugewandt. Mit einem geographischen Schwerpunkt auf Ostasien und Japan ist er Autor mehrerer Studien, die die Frage nach der Vergleichbarkeit von Zivilisationen und deren je unterschiedliche Wege in die Moderne problematisieren. Er gilt als zentraler Protagonist einer Schule, die mit dem Theorem der „multiple modernities“, der unterschiedlichen Wege von Nationen und Zivilisationen in die Moderne, zu einem wichtigen Theorieansatz für die Moderne- und Globalisierungsforschung geworden ist.
Publikationen (Auswahl):
Von Marcuse zu Marx - Prolegomena zu einer dialektischen Anthropologie (Luchterhand Verlag 1971); Zwischen Natur und Gesellschaft - Studien zu einer kritischen Theorie des Subjekts (Europäische Verlagsanstalt 1976); Praxis und Interpretation - Sozialphilosophische Studien (Suhrkamp Verlag, 1988); The Future that Failed: Origins and Destinies of the Soviet Model (Routledge 1993); Social Theory and Japanese Experience: The Dual Civilization (Kegan Paul International 1997); Civilizations in Dispute: Historical Questions and Theoretical Traditions (Leiden 2003)