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Deniz Yüksel, M.A.
Kontakt: deniz.yueksel@aoi.uzh.ch
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Doktorandin bei Prof. Dr. Bettina Dennerlein
Gender, Nation und Religion in türkischen Schulbüchern (vorläufiger Arbeitstitel)
Ein Nationalstaat kann kaum ohne sein Bildungssystem gedacht werden,
worin zentral gesteuert das Wissen vermittelt wird, das junge
Menschen zu StaatsbürgerInnen und Bürgern einer Nation macht. Durch
das Schulbuch wird dieses Wissen vermittelt. Es ist staatlich
legitimiert, kanonisiert und institutionell abgesichert. Im Fall der
Türkei, wo national sehr strikt vereinheitlichte Lehrpläne vom
zentralisierten Bildungssystem eingesetzt werden, gilt das in
besonderem Masse. Damit sind Schulbücher - nicht nur
bildungspraktisch sondern auch politisch und wissenschaftlich -
Medien von zentralem Interesse.
Was hiess und heisst es also bisher, türkische Staatsbürgerin oder
Staatsbürger zu sein? Dieser Frage gehe ich in meinem
Dissertationsprojekt mit dem vorläufigen Arbeitstitel „Gender,
Nation und Religion in türkischen Schulbüchern“ nach und führe am
Beispiel türkischer Schulbuchliteratur seit 1980 eine Analyse
bildungs-, religions- und genderpolitischer Strukturen durch.
Ergebnisse meiner Magisterarbeit von 2009 „Islamische und nationale
Werte in türkischen Schulbüchern - Das Beispiel Familie im Fach
‚Religionskultur und Moralkunde‘ (Din Kültürü ve Ahlak Bilgisi)“
dienen zugleich als ein Ausgangspunkt für mein Dissertationsprojekt.
Für die Formierung von Subjekten werden im Schulbuchwissen bestimmte
Identifikationsangebote und Geschlechternormen vermittelt, die das
Bild idealer Staatsbürgerinnen und -bürger repräsentieren. Diese
werden nach diskursanalytischer Lesart des Text-Bild-Materials
untersucht und ideologisch dekonstruiert. Sie implizieren staatliche
Disziplinierungsversuche von Körperpraktiken und Körperkonzepten mit
Relevanz für Geschlechterrollen sowie für Identitäts- und
Subjektpositionen, beispielsweise alltägliche Praktiken wie Mode,
islamische Praktiken wie die Beschneidung oder das Fasten, oder aber
auch nationalstaatliche Praktiken wie der für jeden männlichen
Staatsbürger obligatorische Wehrdienst.
Herauszuarbeiten gilt es einen Wandel dieses vermittelten Wissens,
das sowohl eine Veränderung der Normen und Identifikationsangebote
implizieren als auch - durch die Einflüsse unterschiedlicher
Machtstrukturen - ihre Ausdifferenzierung ggf. widerstreitende
Elemente hervorbringen kann. Dabei ist die wachsende Heterogenität
der türkischen Bildungslandschaft zu berücksichtigen, die sich trotz
der Vorgabe eines vereinheitlichten Lehrplans immer weiter
ausdifferenziert.
Über das Feld der türkeibezogenen Schulbuchforschung hinaus möchte
ich mit meinem Forschungsprojekt einen Beitrag zum besseren
Verständnis geschlechtlicher Identitätskonstruktionen in der
türkischen Gesellschaft beitragen.