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Asien-Orient-Institut UFSP Asien und Europa (2006–2017)

Historienmalerei im qāǧārischen Iran: Persische Malerei der Henri Moser Sammlung in Bern

Verantwortlich für das Dissertationsprojekt: lic.phil. Elika Palenzona-Djalili
Promotionskommission: Prof. Dr. Ulrich Rudolph, Asien-Orient-Institut, Islamwissenschaft/UFSP Asien und Europa, Prof. Dr. Francine Giese, Kunsthistorisches Institut/UFSP Asien und Europa
Forschungsfeld: Verflechtungsgeschichten

Abstract

Die Ḫamsa (panǧ ganǧ) von Niẓāmī ist nach dem Šāhnāma das am zweithäufigsten illustrierte Buch im Repertoire der persischen Bildthemen. Die Erzählungen dieses Buches wurden mehrfach von den Herrschern in Auftrag gegeben. Die Grundlage dieser Forschung stellt das noch nicht erforschte frühe Manuskript der Ḫamsa von 718 h. (1340 n.Chr.) an der Teheraner Universität dar. Dieses Manuskript gilt als die früheste bekannte illustrierte Ḫamsa. 

Diese Untersuchung soll zeigen, wie sich bestimmte Bildthemen im Laufe der Zeit in Bezug auf dieselbe Textvorlage geändert, beziehungsweise modifiziert haben. Angenommen, der fixe Teil jedes Buchprojektes sei jeweils die Erzählung, die vom Kalligraphen geschrieben wird, so ist die Malerei das Element, das je nach Zeit und Technik variiert und neu definiert wird. Diese Entwicklung, die sowohl die Wahl der Themen als auch der Technik und Materialien umfasst, ist der Gegenstand dieser Untersuchung und wird anhand publizierter und nicht publizierter Illustrationen in diversen Sammlungen weltweit beobachtet. Einige noch unbekannte Manuskripte befinden sich in den Schweizer Sammlungen und werden für diesen Zweck zum ersten Mal der wissenschaftlichen Forschung erschlossen. Als Erzählungen werden die berühmten Geschichten aus dem berühmten Werk der Ḫamsa in der Zeitspanne vom 14. bis 18. Jahrhundert beobachtet und analysiert.

Das Zusammenstellen von Gruppen nach Art des Manuskripts, der darin enthaltenen Texte, der Abschriften der Ḫamsa, der Gestaltung der Bilder, der Illuminationen, der Wahl der Bildthemen sowie der Darstellung der Szenen und des Malstils erlaubt es, die Interpretationen zu charakterisieren und ihre Veränderungen während der Zeiten zueinander in Kontext zu stellen. Dabei werden verschiedene Kriterien wie Komposition, Einklang von Natur und Landschaft mit der Erzählung sowie Maltechnik und angewandte Medien untersucht.

Die Figurendynamik und die Elemente, die im Laufe der Zeit mit bestimmten politischen Intentionen der Auftraggeber eingebracht worden sind, sind ebenfalls Gegenstand dieser Untersuchung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zentren der Buchproduktion in den Städten mit königlichen Höfen zu finden sind. Dies bedeutet, dass die politische Richtung jedes Herrschers einen direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit der königlichen Werkstätten besitzt und jede Änderung des politischen Planes des Staates direkten Einfluss auf das Wirken des Ateliers hat. Ein wesentlicher Teil der Entwicklung der Malthemen ist daher der historische und politische Hintergrund der Dynastie und insbesondere des königlichen Auftraggebers.

Weitere Faktoren, die sich in der Kunst und Malerei niedergeschlagen haben, sind die Rezeption fremder Kulturen und Kunstarten durch die persischen Maler. Im Zuge des Mongolensturms und der mongolischen Nachfolgedynastien wie der Īlḫāne im 13. Jahrhundert hat die chinesische Malweise von Osten Zugang in den persischen Kulturraum bekommen, und dabei sind nicht nur die Technik, sondern auch die Themen der chinesischen Malerei wie bestimmte Elemente des chinesischen Kulturkreises wie Drachen und chinesische Felsen übernommen worden. Die gleiche Sensibilisierung und Übernahme von Maltechniken und Themen erfolgte im 17. Jahrhundert, als Persien in Folge der Kontaktnahme mit europäischen Händlern und Reisenden mit der westlichen Kunst bekannt gemacht wurde. Viele Themen und Techniken, die in Europa üblich waren, wurden mit den Maltechniken und Stilrichtungen der persischen Künstler gemischt. Das Resultat ist eine vielfältige Variante, die sich bis in neuere Zeiten weiterverfolgen lässt. Die Maler versuchten, das Neue mit ihrem eigenen Repertoire zu kombinieren und damit eine neue Richtung zu schaffen. Das Augenmerk dieser Studie ist die jeweilige Rezeption des Textes im visuellen Material. Da zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Themen ausschlaggebend sind, wird die Rolle des Worts und dessen Interpretation als ein wesentlicher Teil der Arbeit verstanden. Diese Untersuchung soll in den Schweizer Universitäten untervertretenes Wissen zur islamischen Buchkunst und deren kunsthistorische Analyse stärken und einen Beitrag zum neu gegründeten Fach “Geschichte der Islamische Kunst” an Universität Zürich leisten.